Mit Anfang 20 fühlte es sich an, als stünde mir die Welt offen – zumindest dachte ich das. Partys, kurze Nächte, früh aufstehen. Ich begann meine Ausbildung zur examinierten Krankenschwester, lernte mal sporadisch, mal mit vollem Einsatz. Es war mein Traum – damals. Doch mit der Zeit änderte sich alles. Das unbeschwerte Leben, die Leichtigkeit und die Freude wurden langsam von Ernsthaftigkeit, Angst, Ungewissheit und Schmerz verdrängt. Es passiert schleichend, fast unmerklich. Ich habe viele Wege beschritten, viele Menschen begleitet. Hände gehalten, Trost gespendet und – ja, auch das – gratuliert. Zur Geburt, zur Heilung oder Genesung. Doch solche Momente blieben selten. Ich arbeitete immer mehr, immer länger.
Allen gerecht zu werden, Hoffnung zu schenken und Glück zu bringen – das war stets mein Ziel. Doppelschichten waren an der Tagesordnung, und ich gab immer mein Bestes. Dieser Gedanke trieb mich an, bis ich eines Tages auf dem Flur im dritten Stock eines Wohnbereichs stand. Der Flur war 50 Meter lang, ich am einen Ende – sprichwörtlich – und meine Kollegin am anderen. Wir waren für die Versorgung von 25 Pflegebedürftigen verantwortlich, dazu kamen 50 medizinische Aufgaben wie Spritzen, Verbände und Medikamente. Der Flur schien endlos, wie ein kilometerlanger Weg, den ich nicht mehr bewältigen konnte. Ich stand dort wie festgewurzelt. Es war der Beginn meines Burnouts...
Manchmal denke ich, dass genau diese Erfahrungen mich geprägt haben – und meine Ängste. Es braucht oft viel Zeit, um zu verstehen, wo man herkommt, und manchmal noch mehr Kraft, um wieder auf den Weg zurückzufinden, den man einst verloren hat.
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